Entscheidung Unterbringung und Aufenthaltsbestimmung

  Entscheidung über die Unterbringung nach § 1906 BGB sowie Aufenthaltsbestimmung

Gerade zu diesen beiden Aufgabenkreisen könnte viel geschrieben werden und so gibt es auch eine fast unüberschaubare Menge an Texten, Meinungen, Gerichtsurteilen und Diskussionen über diese Bereiche des Betreuungsrechtes. An dieser Stelle werden daher nur einige Gedanken geäußert, die sich auf diese beiden Aufgabenkreise beziehen:

„Nun sind Sie schon seit XY Monaten Betreuer für Frau Mustermann (oder meine Mutter, Schwester etc.) und diese ist immer noch nicht im Heim."

„Frau Mustermann ist sehr pflegebedürftig (... ist doch viel zu oft allein in ihrer Wohnung, vergisst doch alles, ist doch viel zu verwirrt...) und sollte nicht in der eigenen Wohnung leben. Sie sollten einen Heimplatz organisieren."

Aus Sorge um den jeweils betreuten Menschen kommt es recht häufig zu derartigen Äußerungen. Die jeweiligen Angehörigen, Nachbarn, Ärzte in Krankenhäusern oder andere Dritte befürchten,

-                      dass der - meist ältere - Mensch in der eigenen Wohnung stürzt und z.B. vom ambulanten Dienst erst Stunden später gefunden wird.

-                      Sie befürchten, dass er oder sie vergisst den Herd abzuschalten und es hierdurch zu Bränden kommt etc.

-                      Sie können sich nicht vorstellen, dass auch in Pflegeheimen meist nicht mehr Zuwendung und Pflege erfolgt, als in der eigenen Häuslichkeit durch eine gute ambulante Versorgung.

-                      Es ist für sie nicht nachvollziehbar, dass ein bettlägeriger Mensch, obwohl er stundenlang allein ist, dennoch lieber in seiner eigenen Wohnung im Bett liegt, als irgendwo in fremder Umgebung.

-                      und, und, und ...

Die Liste dessen, was wir für andere befürchten, was wir uns nicht vorstellen können, ist lang.

Nun besteht da eine gesetzliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis „Aufenthaltsbestimmung" (oder diese könnte gegebenenfalls beim Amtsgericht beantragt werden). Selbst wenn also der jeweilige Mensch nicht in eine Einrichtung ziehen will, so könnte doch einfach der Betreuer seinen Aufenthalt bestimmen, oder?

Nein. So einfach ist es glücklicherweise nicht. Zwar kann der Betreuer theoretisch den Aufenthalt bestimmen, er kann aber nicht einfach mit Zwang durchsetzen, dass sein Klient sich auch an dem von ihm bestimmten Ort aufhält (und das ist sehr gut so).

Es gibt nun mehrere Möglichkeiten:

Erstens, der Klient will an dem Ort sein, den der Betreuer auch als Aufenthaltsort bestimmt hat. Dann bedarf es genau genommen aber auch dieser Aufenthaltsbestimmung nicht.

Die zweite Möglichkeit wäre, dass der Klient zwar seinen freien Willen bezüglich seines Aufenthaltes nicht äußern bzw. diesen gar nicht bilden kann, aber „dort bleibt wo er sein soll" bzw. nicht von dort wegstrebt.

In diesen Fällen wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht letztlich für den eher theoretischen Teil des Lebens eingesetzt, z.B. für den Abschluss des Heimvertrages, die Kündigung der Wohnung (mit Genehmigung des Amtsgerichtes) usw.

Auch für die Mitnahme durch einen Krankenwagen z.B. zur stationären Behandlung ist ja grundsätzlich das Einverständnis der beförderten Person erforderlich. Kann diese sich hierzu nicht äußern, so greift das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Betreuers.

Die dritte Variante wäre, dass der betreute Mensch eben nicht will. Also z.B. nicht aus seiner Wohnung in eine Einrichtung ziehen will.

Jetzt gilt es doch in erster Linie zu prüfen, ob die Akzeptanz dieses Willens eine reale und schwerwiegende Gefährdung für den Menschen bedeuten würde. Es reicht eben nicht aus, dass es vielleicht zu einem Sturz oder einem Wohnungsbrand aufgrund einer nicht ausgeschalteten Herdplatte kommen könnte. Letztlich sind dies allgemeine Risiken, die für jeden allein lebenden Menschen gelten (oder haben Sie noch nie etwas vergessen, sind Sie noch nie Gefahr gelaufen in der Wohnung einen Unfall zu erleiden?).

Wenn der betreute Mensch also nicht in eine Einrichtung will und keine außergewöhnlichen Risiken für sein eigenes Wohlergehen vorliegen, so kann das Aufenthaltsbestimmungsrecht keine Auswirkung auf seine Entscheidung haben. Der Mensch könnte zwar „irgendwohin" gebracht werden, er kann aber auch wieder von dort weggehen.

Soll er hieran gehindert werden, weil es für sein Wohl unabwendbar ist, so bedarf es zunächst auch noch des Aufgabenkreises „Entscheidung über die Unterbringung".

Grundsätzlich gilt:

Die Unterbringung nach dem Betreuungsrecht darf stets nur zum Wohl bzw. Schutz der betreuten Person erfolgen. Es kann nach Betreuungsrecht keine Unterbringung aufgrund von Fremdgefährdung vorgenommen werden. ( In derartigen Fällen greift in Hamburg das so genannte PsychKG.)

Wir sollten uns bewusst sein, dass es sich immer um eine freiheitsentziehende Maßnahme handelt, wenn eine Entscheidung über die Unterbringung getroffen, genehmigt und dann durchgesetzt wird. Um einen derart massiven Eingriff in das Leben eines Menschen vorzunehmen, muss es somit auch schwerwiegende Gründe hierfür geben. Ein „das wäre doch besser für sie/ihn..." ist niemals ausreichend. Oder können Sie sich vorstellen, dass Sie in einem Raum oder einem Haus eingesperrt werden, nur weil

-                      andere sich Sorgen machen, dass Sie fallen könnten und erst Stunden später gefunden werden?

-                      Nur weil Sie sich aufgrund einer psychischen Erkrankung zur Zeit oder dauerhaft nicht stets so verhalten, dass es für andere nachvollziehbar ist bzw. Sie hierdurch auffällig werden?

-                      Wollen Sie sich vorstellen, dass Sie in einem Bett oder an einen Stuhl fixiert werden, nur weil Sie etwas verwirrt sind und leider nicht genug Pflegepersonal da ist, um ihren Aufenthaltsort durch Zuwendung, Ablenkung oder Begleitung für sie angstfrei, angenehm und sicher zu gestalten?

Gerade im Leben älterer und/oder verwirrter Menschen wird viel zu oft aus unterschiedlichen Gründen die Bestimmung des Aufenthaltes mit Hilfe einer freiheitsentziehenden Maßnahme eingeschränkt bzw. eben diese Einschränkung von Dritten gefordert.

Vielleicht sollten wir uns auch stets vor Augen führen, wie viel Lebensqualität z.B. einem alten Menschen verbleibt, wenn er gegen seinen Willen „irgendwo" auf Dauer eingesperrt wird.

Natürlich gibt es Lebenssituationen die es erforderlich machen, freiheitsentziehende Maßnahmen einzusetzen. Stets sollte aber eine ernsthafte Abwägung vorausgehen, ob die Gefahr die es abzuwenden gilt, so gravierend ist, dass hierfür die Freiheit eines Menschen eingeschränkt werden muss und darf.

Dies ist z.B. gegeben, wenn ein Mensch sich selbst körperlichen Schaden zufügt/zufügen will, oder die Absicht hat sich selbst zu töten. In solchen Fällen ist die Entziehung der Freiheit, also die Unterbringung z.B. in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses unabwendbar und notwendig.