1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom
21.04.2010 und der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass
der Kläger vom 04.12.2007 bis 06.12.2010 freiwilliges Mitglied der Beklagten in
der gesetzlichen Krankenversicherung und bei der Beigeladenen zu 1
versicherungspflichtig zur sozialen Pflegeversicherung war.
2. Die
Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu
erstatten. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu
erstatten.
3. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:Streitig ist, ob der Kläger vom
04.12.2007 bis 06.12.2010 freiwilliges Mitglied der Beklagten in der
gesetzlichen Krankenversicherung und Mitglied der Beigeladenen zu 1 in der
sozialen Pflegeversicherung war. Seit dem 07.12.2010 übt der Kläger eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Für den 1976 geborenen
Kläger besteht seit Dezember 2005 eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis
Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Rechts-/Antrags- und Behördenangelegenheiten.
Er war seit 1994 bei der Beklagten krankenversichert, zuletzt bis zum 03.12.2007
wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II (Alg II). Ab dem 04.12.2007 war der
Kläger zu Lasten des Beigeladenen zu 2 in einer stationären Einrichtung
untergebracht. Mit an die Betreuerin des Klägers gerichteten Bescheid vom
13.12.2007 hob die Arbeitsgemeinschaft L -W die Gewährung des Alg II mit Wirkung
vom 04.12.2007 auf. Sie hatte die Betreuerin des Klägers zuvor mit Schreiben vom
09.11.2007 über den Ablauf des Bewilligungsabschnittes informiert und mit
Hinweis auf ein entsprechendes Merkblatt die Auswirkungen für die Kranken- und
Pflegeversicherung des Klägers hervorgehoben. Die maschinelle Abmeldung des
Klägers bei der Beklagten erfolgte am 14.01.2008 rückwirkend zum 03.12.2007. Der
Beigeladene zu 2 gewährte dem Kläger mit an die Betreuerin gerichteten Bescheid
vom 07.12.2007 ab 04.12.2007 Leistungen der Sozialhilfe, wobei bei der
Berechnung der Grundsicherung ein monatlicher Beitrag zur Kranken- und
Pflegeversicherung ausgewiesen wurde, welcher direkt an die Krankenkasse bzw die
Pflegeversicherung gezahlt werde. Mit Schreiben vom 07.12.2007 an die Beklagte
teilte der Beigeladene zu 2 dieser mit, er werde die anfallenden freiwilligen
Versicherungsbeiträge ab dem 04.12.2007 für die Dauer der Sozialhilfegewährung
übernehmen und bat um Bestätigung des Zustandekommens der freiwilligen
Weiterversicherung. Das Schreiben enthält Kurzvermerke der Sachbearbeiterin der
Beklagten vom 09.01.2008 und 18.02.2008, aus denen sich ergibt, dass
telefonische Kontaktaufnahmen gescheitert waren; unter dem 18.02.2008 ist
zusätzlich vermerkt, ein Antrag auf freiwillige Versicherung sei nicht
vorhanden, das Schreiben sei nur zu scannen. Die Sachbearbeiterin der Beklagten
sah keine Veranlassung, ein Antragsformular zur freiwilligen Krankenversicherung
an den Kläger oder seine Betreuerin zu verschicken; die A sei auf Grund einer
Kostenübernahmeerklärung hierzu nicht verpflichtet, der Versicherte bzw der
Betreuer müsse auf die A zukommen und den Antrag anfordern (Vermerk Bl 23 VA
über eine telefonische Rücksprache mit der Sachbearbeiterin vom 13.06.2008). Mit
Telefaxschreiben vom 17.04.2008 beantragte die Betreuerin des Klägers unter
Hinweis auf das Schreiben des Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007 bei der Beklagten
"nochmals die freiwillige Weiterversicherung ab dem 04.12.2007". Die Beklagte
lehnte mit Bescheid vom 29.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
07.08.2008 (den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugegangen am 11.08.2008)
die Aufnahme des Klägers als freiwilliges Mitglied in der Krankenversicherung
und ihr folgend die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung ab. Den Beitritt
zur freiwilligen Krankenversicherung habe der Kläger entgegen §
9 Abs 2 Fünftes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht innerhalb von drei Monaten nach Ausscheiden
aus der Versicherungspflicht angezeigt. Das Schreiben des Sozialhilfeträgers vom
07.12.2007 sei nicht als Beitrittserklärung zu werten, zur Ausübung des
Gestaltungsrechts sei dieser nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht
befugt. Die Erklärung der Betreuerin des Klägers vom 17.04.2008 sei verspätet.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beitrittsfrist lägen nicht
vor. Der Betreuerin des Klägers sei bekannt gewesen, dass mit dem Ende der
Zahlung von Alg II auch die Pflichtversicherung geendet habe. Sie hätte sich
unter Berücksichtigung der Hinweise der ARGE rechtzeitig um den
Krankenversicherungsschutz kümmern müssen.
Hiergegen hat der Kläger, der
seit dem 03.12.2007 gemäß §
264 SGB V
Leistungen der Beklagten zu Lasten des Sozialhilfeträgers erhält, am 11.09.2008
Klage erhoben, die das Sozialgericht (SG) Koblenz durch Urteil vom 21.04.2010
abgewiesen hat. Die Pflichtversicherung des Klägers und damit seine
Mitgliedschaft bei der Beklagten habe gemäß §
190 Abs 12 SGB
V mit Ablauf des letzten Tages, für den Alg II bezogen wurde, also mit dem
03.12.2007 kraft Gesetzes geendet, ohne dass es einer entsprechenden
Feststellung der Beklagten bedurft hätte. Der Kläger hätte deshalb seinen
Beitritt zur freiwilligen Versicherung nach §§
26 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X), 187 Abs 1, 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bis
zum 03.03.2008 erklären müssen. Erst nach Fristablauf, nämlich am 17.04.2008,
sei die Beitrittserklärung seiner Betreuerin bei der Beklagten eingegangen. Dem
Kläger sei hinsichtlich dieses Fristversäumnisses keine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach §
27 SGB X zu
gewähren. Diese Vorschrift finde auch auf materiell-rechtliche Ausschlussfristen
Anwendung (Hinweis auf BSG 14.05.2002 -
B 12 KR 14/01 R,
SozR 3-2500 § 9 Nr 4). Der Kläger sei jedoch nicht ohne
Verschulden gehindert gewesen, die Beitrittsfrist einzuhalten. Das Verschulden
seiner Betreuerin sei ihm zuzurechnen. Bereits mit Kenntnisnahme des an sie
gerichteten Bescheides der Arbeitsgemeinschaft L -W vom 13.12.2007 hätte sie die
Beitrittserklärung gegenüber der Beklagten abgeben können und müssen. Im
Schreiben vom 09.11.2007 der ARGE sei sie auf die Folgen der
Leistungseinstellung für die Kranken- und Pflegeversicherung hingewiesen worden.
Auf eine Aufklärungspflichtverletzung seitens der Beklagten könne sich der
Kläger nicht berufen. Diese sei nicht verpflichtet gewesen, ihn von sich aus
ohne konkreten Anlass auf die Modalitäten des Beitritts zur freiwilligen
Krankenversicherung hinzuweisen. Auch könne sich der Kläger nicht darauf
berufen, bei seiner Betreuerin sei der Eindruck erweckt worden, dass seine
Weiterversicherung durch die beteiligten Behörden ohne sein Mitwirken geregelt
worden sei. Dieser Eindruck habe zwar durch den Bewilligungsbescheid des
Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007, in dem unmittelbar an die Versicherungsträger
zu zahlende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt worden
seien, entstehen können. Gleichwohl könne von der Berufsbetreuerin des Klägers
erwartet werden, dass ihr bekannt sei, dass rechtsverbindliche
Willenserklärungen zur Begründung einer Versicherung nicht von anderen Behörden
für den Kläger abgegeben werden könnten. Denn die Begründung und
Aufrechterhaltung eines Versicherungsschutzes in der Kranken- und
Pflegeversicherung gehöre zu den ganz wesentlichen Dingen, um die sich ein
Betreuer in sozialrechtlicher Hinsicht zu kümmern habe.
Gegen das seinen
Prozessbevollmächtigten am 06.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am
25.05.2010 Berufung eingelegt. Er macht geltend, sein Antrag auf Gewährung von
Sozialhilfe beinhalte konkludent auch den Antrag auf freiwillige
Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Jedenfalls habe der
Beigeladene zu 2 diesen Antrag so verstanden und die Beitrittserklärung in
seinem Schreiben vom 07.12.2007 an die Beklagte im Sinne der Regelungen nach §
84 Abs 2 S 1, §
91 Abs 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG), §
2 Abs 2 Erstes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) weitergeleitet. Die Beitrittserklärung sei damit
nicht verfristet. Im Übrigen sei die Beklagte unter Berücksichtigung der
vorliegenden Fallgestaltung verpflichtet gewesen, den Kläger über die
Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung zu unterrichten. Es handele sich
nicht nur um ein Ausscheiden aus der Pflichtversicherung wie es im Rahmen der
Massenverwaltung tagtäglich vorkomme. Vielmehr habe die Sachbearbeiterin der
Beklagten auf Grund der Mitteilung des Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007, die
anfallenden freiwilligen Versicherungsbeiträge zu übernehmen, den Vorgang
mehrfach in Wiedervorlage gehabt, eine telefonische Kontaktaufnahme vermutlich
mit der zuständigen Mitarbeiterin des überörtlichen Sozialhilfeträgers erfolglos
versucht und nach Feststellung, dass ein Antrag auf freiwillige
Weiterversicherung bis dato nicht vorlag, nichts weiter veranlasst, obwohl die
Beitrittsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Unter diesen Umständen sei die
Beklagte aber verpflichtet gewesen, alles zu tun, um seinen freiwilligen
Krankenversicherungsschutz sicherzustellen. Er sei daher unabhängig von der
Frage eines Verschuldens seiner Betreuerin im Rahmen des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruches so zu stellen, als habe er die Beitrittsfrist
eingehalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts
Koblenz vom 21.04.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 29.04.2008 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 aufzuheben und festzustellen, dass er
vom 04.12.2007 bis 06.12.2010 freiwilliges Mitglied der Beklagten in der
Krankenversicherung und Mitglied der Beigeladenen zu 1 in der Pflegeversicherung
war.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen,
die Berufung
zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Der
Hinweis des Klägers auf die Regelungen der §§
84 Abs 2 S 1,
91 Abs 1 SGG gehe fehl, da eine lediglich bei der
unzuständigen Behörde eingegangene Willensäußerung des Berechtigten auf
freiwillige Weiterversicherung nicht vorgelegen habe. Den handschriftlichen
Vermerken auf den Schreiben des Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007, wonach am
09.01.2008 und 18.02.2008 telefonisch niemand erreicht wurde, komme keine
streitentscheidende Bedeutung zu. Wer wen telefonisch nicht erreichen konnte,
könne nur gemutmaßt werden. Selbst wenn ihre Sachbearbeiterin versucht haben
sollte, die zuständige Mitarbeiterin des überörtlichen Sozialhilfeträgers zu
erreichen, hätte lediglich mitgeteilt werden können, dass die gewünschte
Bestätigung für das Zustandekommen der freiwilligen Weiterversicherung des
Klägers nicht ausgestellt werden könne. Der zuständigen Mitarbeiterin des
Sozialhilfeträgers habe jedoch ohnehin aus der einschlägigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) bekannt sein müssen, dass das Gestaltungsrecht vom
Sozialhilfeträger nicht ausgeübt werden könne. Aus diesem Grund habe auch auf
einen weiteren Versuch der telefonischen Kontaktaufnahme verzichtet werden und
die Archivierung des Schreibens vom 07.12.2007 am 18.02.2008 veranlasst werden
können. Von diesem Vorgang strikt zu trennen sei der weitere Vorgang, nämlich
der Antrag des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung. Eine versuchte
Kontaktaufnahme mit der Betreuerin des Klägers könne aus den Vermerken nicht
gemutmaßt werden. Sie sei auch nicht erforderlich gewesen, weil die Betreuerin
des Klägers mit Kenntnisnahme des an sie gerichteten Bescheides der
Arbeitsgemeinschaft L -W vom 13.12.2007 und von dessen Schreiben vom 09.11.2007
umfassende Hinweise zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten
habe.
Der Beigeladene zu 2 schließt sich dem Vorbringen des Klägers
an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie die
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Akteninhalt war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und
Beratung.
Entscheidungsgründe:Die zulässige Berufung des
Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben,
denn der Bescheid der Beklagten vom 29.04.2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 ist rechtswidrig. Der Kläger ist durch
seine Beitrittserklärung vom 17.04.2008 ab 04.12.2007 freiwilliges Mitglied der
Beklagten geworden.
Gemäß §
9 Abs 1 Nr 1 SGB
V können Personen der Versicherung beitreten, die als Mitglieder aus der
Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem
Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem
Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren; Zeiten der
Mitgliedschaft nach § 189 und Zeiten, in denen eine Versicherung allein deshalb
bestanden hat, weil Alg II zu Unrecht bezogen wurde, werden nicht
berücksichtigt. Der Beitritt ist innerhalb von drei Monaten anzuzeigen (§
9 Abs 2 Nr 1 SGB
V). Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des §
9 Abs 1 Nr 1 SGB
V. Allerdings hat er seinen Beitritt nicht innerhalb des Drei-Monats-Zeitraums
nach Ende der Pflichtmitgliedschaft, der mit dem Ende des Bezuges von Alg II am
03.12.2007 begonnen hatte, angezeigt. Entgegen dem Berufungsvorbringen kann
nicht schon sein Antrag auf Sozialhilfeleistungen als entsprechender Beitritt
zur freiwilligen Krankenversicherung gewertet werden, der mit dem Schreiben des
Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007 an die Beklagte an diese weitergeleitet worden
wäre. Eine entsprechende Beitrittserklärung des Klägers selbst liegt nicht vor,
auch der überörtliche Sozialhilfeträger ist nicht davon ausgegangen, dass er mit
dem Schreiben vom 07.12.2007 eine Beitrittserklärung des Klägers an die Beklagte
weiterleitet, vielmehr hat er in dem Schreiben um eine Bestätigung hinsichtlich
des Zustandekommens einer freiwilligen Weiterversicherung ersucht. Gegen die
Versäumung der Beitrittsfrist war dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach §
27 Abs 1 SGB X
zu gewähren, wie das SG im angefochtenen Urteil im Einzelnen zutreffend
ausgeführt hat; hierauf nimmt der Senat insoweit Bezug.
Der Kläger ist
jedoch im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als
habe er diese Frist eingehalten. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nach §
27 Abs 1 SGB X
und der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sind unabhängig voneinander zu
prüfen (vgl etwa BSG 27.07.2004 -
B 7 SF 1/03 R, juris). Dies gilt auch hinsichtlich der
materiell-rechtlichen Beitrittsfrist des §
9 Abs 2 Nr 1 SGB
V (Thüringer LSG 21.02.2005 -
L 6 KR 665/03, juris; vgl Bayrisches LSG 10.06.2009 -
L 4 KR 356/07, juris; andere Ansicht LSG Berlin-Brandenburg
19.12.2007 -
L 9 KR 167/02, juris; vgl für einen Befreiungsantrag von der
Versicherungspflicht LSG Rheinland-Pfalz 22.09.2005 - L 5 LW 19/04, juris;
Wille, in: juris PK-SGB V, § 9 Rn 80,82). Ein solcher Herstellungsanspruch setzt
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass eine Behörde durch
fehlerhaftes Verwaltungshandeln nachteilige Folgen für die Rechtsstellung des
Versicherten herbeigeführt hat, und dass diese rechtlichen Nachteile durch
rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können. Wenn diese
Voraussetzungen vorliegen, hat die Behörde grundsätzlich dem Versicherten die
Rechtsposition einzuräumen, die er gehabt hätte, wenn von Anfang an
ordnungsgemäß verfahren worden wäre. Insoweit hat das BSG bereits entschieden,
dass der Herstellungsanspruch auch bei Versäumung von Ausschlussfristen
durchgreifen kann (vgl zur Versäumung der Ausschlussfrist für die Befreiung von
der Rentnerkrankenversicherungspflicht nach § 173a Abs 2 RVO-AF BSG 17.12.1980 -
12 RK 34/80, juris). Für die Beklagte bestand auch ein konkreter Anlass zur
Beratung des Klägers bzw seiner Betreuerin über die naheliegende Möglichkeit
einer freiwilligen Weiterversicherung (letztlich auf Kosten des
Sozialhilfeträgers). Selbst wenn man davon ausgeht, dass der
Krankenversicherungsträger im Rahmen der Massenverwaltung bei Beendigung der
Pflichtversicherung nicht von sich aus (im Sinne der Spontanberatung) auf die
Möglichkeit des Beitritts als freiwilliges Mitglied innerhalb der
Drei-Monats-Frist hinweisen muss (vgl einerseits schleswig-holsteinisches LSG
06.05.2002 -
L 1 KR 30/01, juris, andererseits LSG für das Saarland
18.02.2004 -
L 2 KR 27/02, juris mwN), lag vorliegend objektiv ein
Beratungsanlass klar zutage. Durch die Mitteilung des Beigeladenen zu 2 vom
07.12.2007 war der Beklagten der Bezug von Sozialhilfe seit dem 04.12.2007
bekannt, ebenso die Bereitschaft des Sozialhilfeträgers, anfallende Beiträge zur
freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung für den Kläger zu
übernehmen. Bei dieser Sachlage drängte es sich ohne weiteres auf, dass der
Kläger von der Möglichkeit der Weiterversicherung Gebrauch machen würde.
Spätestens am 18.02.2008, als die Sachbearbeiterin der Beklagten das Schreiben
des Beigeladenen zu 2 vom 07.12.2007 erneut bearbeitete und feststellte, dass
der am 14.01.2008 maschinell von der Versicherungspflicht abgemeldete Kläger
noch keinen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt hatte, bestand
Veranlassung, diesen bzw seine Betreuerin von Amts wegen über die Möglichkeit
des Beitritts als freiwilliges Mitglied innerhalb der Drei-Monats-Frist zu
beraten. Davon abgesehen wäre es unter Berücksichtigung des Gebotes zur engen
Zusammenarbeit der Leistungsträger (vgl §
86 SGB X)
angezeigt gewesen, dass die Beklagte auf das Schreiben des überörtlichen
Sozialhilfeträgers vom 07.12.2007 mit der Bitte um Bestätigung des
Zustandekommens der freiwilligen Weiterversicherung für den Kläger nach den
erfolglosen Versuchen der telefonischen Kontaktaufnahme schriftlich, per Telefax
oder per E-Mail zeitnah die entsprechende Auskunft erteilt hätte. Die
(objektive) Pflichtverletzung der Beklagten hat auch zumindest gleichwertig
ursächlich zum Versäumnis der Betreuerin des Klägers, die sich nicht mit
hinreichender Sorgfalt nach dem Ende des Alg II-Bezuges um den
Krankenversicherungsschutz des Klägers gekümmert hat, bewirkt, dass der Kläger
seinen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nicht innerhalb der
dreimonatigen Beitrittsfrist erklärt hat. Hierdurch ist ein sozialrechtlicher
Schaden eingetreten, weil der Kläger seinen originären
Krankenversicherungsschutz verloren hat. Der Umstand, dass der Sozialhilfeträger
im maßgeblichen Zeitraum gleichwertige Leistungen der Krankenversicherung durch
das Verfahren nach §
264 SGB V
gewährleistet hat, hindert die Annahme eines sozialrechtlichen Nachteils durch
den Verlust des originären Versicherungsschutzes nicht, weil die nachrangigen
Sozialhilfeleistungen nur unter der Voraussetzung der Bedürftigkeit des Klägers
im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt
werden.
Der Kläger war daher im Rahmen des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe er die Beitrittsfrist des §
9 Abs 2 SGB V
nicht versäumt. Er ist mithin bei der Beklagten in der gesetzlichen
Krankenversicherung freiwilliges Mitglied geworden und war damit gemäß §
20 Abs 3
Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) bei der Beigeladenen zu 1
versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §
193
SGG.
Revisionszulassungsgründe nach §
160 Abs 2 SGG
sind nicht gegeben.