Erstaustattung bei Wohnungsverlust (LSG NRW L 7 B 9/08 AS)

Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.11.2007 werden zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Q aus L für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerden des Antragstellers, denen das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 14.12.2007 nicht abgeholfen hat, sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1. Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet, soweit das SG seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen hat.

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).

b) Einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind die hier streitigen Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten von der Regelleistung nicht umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Der Senat stimmt mit dem Antragsteller überein, dass der Verlust einer vollständigen Wohnungseinrichtung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes ggf. einen Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung begründen kann (vgl. zum Begriff der "Erstausstattung" z. B. Münder in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 Rn. 27 f.).

Ob dem Antragsteller ein Anspruch gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusteht, war jedoch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu entscheiden. Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

aa) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die ehemaligen Möbel des Antragstellers infolge der Zwangsräumung seiner ehemaligen Wohnung in den Keller dieser Wohnung von dem (früheren) Vermieter dieser Wohnung verbracht und dort eingelagert worden sind. Das SG hat den Antragsteller in dem angefochtenen Beschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vermieter der früheren Wohnung zwar ein Vermieterpfandrecht gemäß § 562 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an den Gegenständen hat, die in die Wohnung eingebracht worden sind. Gemäß § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB erstreckt sich dieses Vermieterpfandrecht jedoch nicht auf die Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen. Nach § 811 Abs. 1 Ziffer 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind unpfändbar etwa auch Betten sowie die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen.

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm nicht möglich ist, vor diesem dargestellten rechtlichen Hintergrund eine Herausgabe seiner unpfändbaren Sachen von dem Vermieter der früheren Wohnung mit Erfolg zu verlangen. Das von dem Antragsteller insoweit vorgelegte Schreiben der Rechtsanwältin des früheren Vermieters, wonach die Herausgabe der Sachen von der Zahlung aufgelaufener Kosten abhängig gemacht wird, reicht insoweit nicht aus. Denn der Antragsteller hätte den früheren Vermieter der Wohnung auf seine Besitzschutzansprüche (§§ 858, 862, § 985 BGB) hinweisen und ihm vor Augen halten können, dass der Vermieter sich hinsichtlich der unpfändbaren Sachen unberechtigterweise den Besitz an diesen Sachen verschafft hat. Diese possessorischen Ansprüche (Besitzschutzansprüche) hätte der Antragsteller gegenüber dem früheren Vermieter der Wohnung ggf. auch im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO geltend machen können, verbunden mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe für dieses zivilgerichtliche Eilverfahren.

bb) Soweit der Antragsteller dem entgegenhält, ein entsprechendes Vorgehen mache keinen Sinn, weil seine Möbel - so die Terminologie des Antragstellers - nur "Schrott" seien, ist dieser Vortrag weder substantiiert noch glaubhaft gemacht. Entgegen der Rechtsmeinung des Antragstellers ist es ihm zuzumuten, seine bisherigen Möbel, die - wie der Antragsteller formulierte - "auf dem Niveau ‚Ikea‘ bestehen", auch dann weiter zu benutzen, wenn sie bereits mehrere Jahre alt sind. Der weitere Vortrag des Antragstellers, er könne seine Möbel nicht wieder zusammenbauen, weil diese zerlegt worden seien, hat der Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert.

cc) Für den Senat war der Vortrag des Antragstellers nicht nachvollziehbar, er könne vor den Zivilgerichten deshalb keinen Antrag auf einstweilige Verfügung mit dem Ziel der Herausgabe seiner unpfändbaren Sachen stellen, weil er nicht imstande sei, "die Möbel und das Gut ( ...) genau zu bezeichnen" (Beschwerdeschrift vom 13.12.2007, Seite 5). Denn der Antragsteller hat seine eigenen Möbel - wie er selbst vorgetragen hat - über viele Jahre benutzt. Es ist deshalb auch in der Lage, diese Möbel so zu beschreiben, dass sie bestimmbar sind. Eine derartige hinreichend bestimmte Beschreibung der unpfändbaren Möbel ist insbesondere deshalb zu leisten, weil sich sämtliche Möbel des Antragstellers im Keller der früheren Wohnung befinden und diese damit bereits räumlich abgegrenzt sind.

dd) Soweit der Antragsteller begehrt hat, ihm insbesondere einen Kühlschrank sowie einen Herd seitens der Antragsgegnerin als Erstausstattung zur Verfügung zu stellen (Beschwerdeschrift vom 13.12.2007, Seite 2), ist dieser Vortrag nicht schlüssig. Denn der Antragsteller selbst hat das "Wohnungsübergabeprotokoll" vom 07.11.2007 hinsichtlich seiner aktuellen (neuen) Wohnung (Alte Brühler Str. 8 in Köln) überreicht. Dort heißt es unter der laufenden Nr. 9: "Kühlschrank ist neu", und unter der laufenden Nr. 10: "1 E-Herd, 4 Platten mit Backofen". Diese Haushaltsgeräte sind damit offenbar in der neuen Wohnung bereits enthalten. Der Senat sah sich aber nicht veranlasst, diese Umstände im einstweiligen Rechtsschutzverfahren weiter aufzuklären, weil der Antragsteller - wie ausgeführt - einen Anordnungsgrund insgesamt nicht glaubhaft gemacht hat.

2. Soweit sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem SG richtet, ist seine Beschwerde ebenfalls unbegründet. Denn die Rechtsverfolgung des Antragstellers hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO.

3. Aus diesem Grunde war der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung seines Rechtsanwaltes abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

4. Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde die Ablehnung seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich seine Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).